Sonntagsgedanken und Corona, eine kleine Liturgie – Vierter Sonntag in der Österlichen Buß- und Fastenzeit „Laetare“ 22. März 2020 – von Dekan Hermann Friedl, Pfullingen-Lichtenstein (KGR-Wahl)

Liebe Gemeindemitglieder und Besucherinnen und Besucher unserer Homepage,

entgegen der angekündigten Videobotschaften melden wir uns mit einem Foto vom Chorraum unserer Kirche St. Wolfgang in Pfullingen (Echaztal), wie dieser derzeit gestaltet ist, und schriftlichen Impulsen zu den jeweiligen Sonntagen in der Österlichen Buß- und Fastenzeit. Wir respektieren und achten das Versammlungsverbot und die Ausgangsbeschränkungen und verzichten deshalb auf das ursprünglich geplante Filmteam.

Wir wünschen Ihnen die nötige Ruhe und Gelassenheit in aufgewühlter Zeit, die entsprechende Vor- und Umsicht zu Ihrem eigenen und der anderen Wohl und Gottes Beistand, Schutz und reichen Segen! Bleiben Sie gesund! Und wenn Sie es erwischt hat: Werden Sie bald wieder gesund!

Ihr Dekan Hermann Friedl mit Pastoralteam

Lied

„Kündet allen in der Not: Fasset Mut und habt Vertrauen“
(Gotteslob 221,1.4.5.)

Gebet

Guter und treuer Gott, wir tragen unsere Sorgen und unsere Ängste vor Dich, und wir bitten in diesen beängstigenden Tagen um Deinen Beistand. Gib uns Deinen lebenspendenden Geist, der sich uns in Jesus Christus gezeigt hat. Lass uns in Deinem Geist erkennen, was richtig ist und gib uns die Kraft, das Rechte entschlossen zu tun. Lass uns die Schwachen, Einsamen, Kranken, die Verängstigten und Bedrückten aller Art nicht übersehen. Hilf uns, dass wir diese Menschen nicht vergessen oder an ihnen vorbeigehen. Gib uns die Kraft zu helfen und heilsame Begegnungen zu ermöglichen. Lass sie durch unser Verhalten ihnen gegenüber Deinen wirksamen Beistand erfahren. Durch uns möge Deine Güte und Menschenfreundlichkeit lebendig werden und bleiben. Das erbitten wir in dieser schweren Zeit von Dir, guter und treuer Gott. Amen.

Evangelium

Johannes, Kapitel 9, Verse 1.6-9.13-17.34-38 (Kurzfassung)

In jener Zeit sah Jesus unterwegs einen Mann, der seit seiner Geburt blind war. Jesus spuckte auf die Erde; dann machte er mit dem Speichel einen Teig, strich ihn dem Blinden auf die Augen und sagte zu ihm: Geh und wasch dich in dem Teich Schilóach! Das heißt übersetzt: der Gesandte. Der Mann ging fort und wusch sich. Und als er zurückkam, konnte er sehen.
Die Nachbarn und jene, die ihn früher als Bettler gesehen hatten, sagten: Ist das nicht der Mann, der dasaß und bettelte? Einige sagten: Er ist es. Andere sagten: Nein, er sieht ihm nur ähnlich. Er selbst aber sagte: Ich bin es.
Da brachten sie den Mann, der blind gewesen war, zu den Pharisäern. Es war aber Sabbat an dem Tag, als Jesus den Teig gemacht und ihm die Augen geöffnet hatte.
Die Pharisäer fragten ihn, wie er sehend geworden sei. Er antwortete ihnen: Er legte mir einen Teig auf die Augen und ich wusch mich und jetzt sehe ich.
Einige der Pharisäer sagten: Dieser Mensch ist nicht von Gott, weil er den Sabbat nicht hält. Andere aber sagten: Wie kann ein sündiger Mensch solche Zeichen tun? So entstand eine Spaltung unter ihnen. Da fragten sie den Blinden noch einmal: Was sagst du selbst über ihn? Er hat doch deine Augen geöffnet. Der Mann sagte: Er ist ein Prophet.
Sie entgegneten ihm: Du bist ganz und gar in Sünden geboren und du willst uns belehren? Und sie stießen ihn hinaus.
Jesus hörte, dass sie ihn hinausgestoßen hatten, und als er ihn traf, sagte er zu ihm: Glaubst du an den Menschensohn?
Da antwortete jener und sagte: Wer ist das, Herr, damit ich an ihn glaube?
Jesus sagte zu ihm: Du hast ihn bereits gesehen; er, der mit dir redet, ist es.
Er aber sagte: Ich glaube, Herr! Und er warf sich vor ihm nieder.

Gedanken zum Evangelium

Blind – warum? Auch bei uns dominieren oft Warum-Fragen. Warum diese Corona-Krise? – Die Jünger fragen Jesus: „Wer hat gesündigt? Er selbst oder seine Eltern?“ (Joh 9,2) Christliche Fundamentalisten sagen jetzt: Corona – eine Strafe Gottes. Doch Jesus dementiert: „Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, sondern die Werke Gottes sollen an ihm offenbar werden“ (Joh 9,3). Die Blindheit wird also zum Ort der Offenbarung Gottes. Corona – ich bin überzeugt: Keine Strafe, sondern Gott will uns damit etwas sagen. Vielleicht: Nicht immer noch mehr (Materielles), noch schneller, noch besser; vielleicht: Blindheit heißt, den Kontakt zu unserer eigenen Wirklichkeit verlieren, nämlich, dass wir begrenzte Menschen sind. Letztlich verdanken wir unser Dasein einem anderen – unserem Schöpfergott! Zur Blindheit gehört auch, immer alles zu wissen. Kurzum: In Wahrheit sind wir mit unserem Herzen blind! Warum sonst trotzen in dieser schwierigen Zeit immer noch Menschen den gebotenen Vorsichtsmaßnahmen, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen? Möglicherweise macht die gegenwärtige Krise und das Nichtwissen, wie lange es dauert und wie es weitergehen wird, ja wieder offen, hellhörig und empfänglich für das, was Gott uns sagen will: Vergesst euren Ursprung und euer Lebensziel nicht, also den, der alles Unvollkommene vollkommen machen und uns zum Guten führen will: „Ich reinige euch von … allen euren Götzen. Ich gebe euch ein neues Herz und einen neuen Geist gebe ich in euer Inneres. Ich beseitige das Herz von Stein … und gebe euch ein Herz von Fleisch“ (Ezechiel 36,25f.)! Amen.

Fürbitten – Lied

„Da wohnt ein Sehen tief in uns, o Gott, nach dir“ (Gotteslob 846,1.-4.)

Vaterunser

Meditation „Kronen“

Krone
Krone der Schöpfung
der Mensch
du ich wir

Wir sind die Königinnen
die Könige
Tiere und Pflanzen
alles was lebt
uns untertan

Wir sind die Herrscher
der Welt
haben die Macht
regieren
mit unserem Geld

Unser Erfindungsreichtum
unerschöpflich
unersetzlich
unglaublich

Wir glauben
an den Fortschritt
wollen wachsen
über alle Grenzen

und plötzlich

wackeln unsere Kronen
bringt uns ein Winzling
ins Wanken
und kennt
keine Grenzen
wächst in uns
unglaublich
regiert mit Macht
unersättlich
beherrscht die Welt
macht uns
hilflos

Wir legen
unsere Kronen ab
werden still
schließen die Türen
und fragen
was nun

Zurückgeworfen
auf uns selbst
blicken wir
in den Spiegel

Wer bin ich
ohne Krone
was bleibt
wenn das Leben
still steht
wenn ich
mit mir
alleine bin

oder

ist da doch jemand
so unsichtbar
wie Corona
doch spürbar
und alles beherrschend
und dienend
mit seiner
Liebe

ansteckend
und wahrhaft
königlich

ICH-BIN-DA© Marie-Ja Rosa Heckmann

Segen

„Du hast das Leben allen gegeben,
gib uns heute dein gutes Wort.
So geht dein Segen auf unsern Wegen,
bis die Sonne sinkt, mit uns fort.
Du bist der Anfang, dem wir vertrauen,
du bist das Ende, auf das wir schauen.

Was immer kommen mag,
du bist uns nah.
Wir aber gehen, von dir gesehen,
in dir geborgen
durch Nacht und Morgen
und singen ewig dir:
Halleluja“ (Jörg Zink – Gotteslob 11,4)

So segne, stärke und heile Dich/Euch der dreieinige Gott:
+der Vater +und der Sohn +und der Heilige Geist. Amen.

Lied

„Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag“ (Dietrich Bonhoeffer – Gotteslob 775, Evangelisches Gesangbuch 541)